Über das Besser-Sein und den blöden Erfolgsdruck

Über das Besser-Sein und den blöden Erfolgsdruck

Über das Besser-Sein und den blöden Erfolgsdruck

Ein weiser Spruch lautet: „Ich wünsche mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann; den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann; und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Das Ganze klingt in der Theorie so einfach, doch die Realität sieht für Menschen wie mich dann doch ein wenig anders aus. Keine Frage, ich kann genauso wie jeder andere einen Tag lang auf der Couch liegen und die Gelassenheit haben, einmal nichts zu tun. Doch wenn es um das Gut-Sein, oder um es genauer auszudrücken, um das Besser-Sein geht, wird es bei mir problematisch.

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Immer wenn ich meine Mails checke und eine Nachricht von der Universität aufploppt, bekomme ich einen kleinen Herzkasperl. Habe ich genug gelernt? Bin ich gut genug? Habe ich die Prüfung bestanden? Diese Fragen schwirren mir in den zwei Minuten, die ich brauche, um mich auf der Universitätsplattform einzuloggen, in Dauerschleife durch den Kopf.

Doch was wäre so schlimm, wenn mich ein Nicht-Genügend erwarten würde? Meine Eltern würden mich nicht anders behandeln, in China fällt derselbe Sack Reis um, was noch immer keinen interessiert; ganz einfach: die Welt dreht sich weiter! Wäre da nicht der eigene Ehrgeiz und dieser blöde, sich festnagende Erfolgsdruck.

 

Ich merke es immer wieder, dass es nicht nur mir so geht. Auf der Uni läuft man so vielen engagierten Menschen über den Weg, die in ihre Bücher starrend, von einem Hörsaal zum nächsten hetzen. Spricht man das Praktikum an, das man gerade ergattert hat – der andere muss dabei nicht wissen, dass es viel zu unterbezahlt ist und sie einen nur ausnutzen, man es aber sofort auch umsonst gemacht hätte – kontern sie mit drei schon absolvierten. Ständig hat man das Gefühl einen Schritt hinterher zu sein. Genauso verhält es sich mit dem Studieren im Ausland. Man sollte es tun, weil es jeder tut. Und ganz ehrlich: Ich würde im Falle gleicher Qualifikation auch denjenigen Jobbewerber einstellen, der zusätzlich noch im Ausland studiert hat.

Meine Generation, die mit Glockenhosen und Plateauschuhen (aber nicht die coolen aus den 80ern) aufgewachsen und zu 90er-Jahre-Klängen getanzt hat, insofern man das Gehopse zu dem „Buzbuzbuz“ tanzen nennen kann, ist eindeutig nicht faul. Sie ist das Gegenteil der Generation Chips, die zu viel vor dem Fernseher oder Computer sitzt, nur Schrott in sich hineinfrisst und sich von der Gesellschaft ausgrenzt. Nein! Wir sind strebsam und wollen etwas erreichen.

Eigentlich klingt das im Gesamten betrachtet ganz gut, nur ein bisschen gelassener sollte das Leben der jungen Mitzwanziger sein. Das Leben voll auskosten können, ohne ständig an das Vorankommen denken zu müssen, ein bisschen den Wind aus den Segeln nehmen können. Wir werden diejenigen sein, die, wenn es mit den Debatten um das Pensionsantrittsalter so weiter geht, bis über 70 arbeiten müssen, also wieso sollten wir es so eilig haben damit zu beginnen?

 

Bild: ©etsy

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4 Comments

  • hanna
    10 Jahren ago

    „I’m not afraid of failure – I’m afraid of succeeding in things that don’t matter.“ William Carey.

    In der Schule hatte ich das größte Erfolgserlebnis bei jeder gut bestandenen Prüfung, im Nachhinein ist mir klar geworden, dass ich die meisten „gelernten“ Dinge nie verstanden, richtig aufgefasst oder mir gemerkt habe. All die schönen Einser im Zeugnis sind und waren schon immer wertlos, sie sagen nur, wie gut ich mit dem System klar gekommen bin und wie wenig ich durschaut habe, worum es eigentlich geht bzw. eigentlich in der Schule, in der Uni und ja, auch im Leben gehen sollte (für mich). Eine traurige Erkenntnis!

    Am Ende ist es eine Entscheidung, die jeder bewusst treffen sollte – was ist mir wieso wie wichtig, worum geht’s mir eigentlich. Denn am Ende geht es nur darum, wie man sich, sein Leben, all die Leistungen und Entscheidungen bewertet. Und da hätt ich gern eine gute Note. 😉

  • Pascal
    10 Jahren ago

    …ich möchte dazu noch erwähnen, dass die eigens an sich gestellten Erfolgserwartungen ja auch Folge unseres kapitalistischen Systems sind. Wir sind, im marx’schen Sinne, ja zu großen Teilen Proletarier/innen und darauf angewiesen uns selbst, zwecks Erhaltung unserer eigenen Existenz, in Wert zu setzen, indem wir, wie es neoklassische Ökonom/innen so euphemistisch formulieren, unser Humankapital, welches wir ja sozusagen in den Bildungsstätten veredeln sollen, anbieten und die aus der Einsetzung dieses – meist in Form von Entgelt – erzielten Rendite zur Deckung unserer materiellen Bedürfnisse verwenden. Nachdem der Markt, auf dem wir versuchen eine möglichst hohe Humankapitalrendite zu erzielen, durch eine höhere Nachfrage, als Angebot, gekennzeichnet ist, kommt es zu einem Konkurrenzdruck, der dazu führt, dass wir die Logiken, die dieses System somit mit sich bringt, internalisieren und uns daher einen Erfolgs- und Leistungsdruck auferlegen, um im Wettbewerb mit Anderen bestehen zu können, wodurch wir wiederrum selbst das System immer wieder reproduzieren (auch wenn viele eigentlich darunter leiden). Man muss sich selbst eben, und hier hatte Marx völlig recht, dass das kennzeichnende Charakteristikum des Kapitalismus die Annahme der Warenförmigkeit ist, immer mehr als Produkt positionieren, welches gekauft werden will. Gleichzeitig führt insbesondere die derzeitige Akkumulationskrise, die aus den Geschehnissen der letzen Jahre resultiert ist, dazu, dass wir uns selbst, aus Angst selbst einmal von „sozialem Abstieg“ betroffen sein zu können, der uns zurzeit deutlicher denn je vor Augen geführt wird, dazu, dass wir uns, anstatt uns gegen das System aufzulehnen, nur noch mehr disziplinieren, um noch mehr leisten zu können, da wir ansonsten das Gefühl, oder besser die Angst, haben bald nicht mehr mitzukönnen und auch zu jenen zu gehören, die nicht mehr verwertbar sind und exkludiert werden. Hinzu kommt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir uns über den eigenen Erfolg definieren, wir bewundern Andere, die erfolgreich sind und wollen selbst zu jenen Erlauchten gehören, die sich als solche bezeichnen können, da Anerkennung, und nach dieser streben wir nun einmal alle mehr oder weniger als menschliche Wesen, hauptsächlich über Leistung und damit verbundenen Erfolg funktioniert…

    • Willy
      10 Jahren ago

      Zweites oder schon drittes Semester Philosophie an der Uni Wien?

      • the ladies.
        10 Jahren ago

        Sechstes Semester Publizistik 😉