Über die Liebe zur Poesie und meine liebsten Gedichtbände
Über die Liebe zur Poesie und meine liebsten Gedichtbände
Gedichte passen in unseren Alltag und sind nicht veraltet,
wie diese, die wir in der Schule aus verstaubten Büchern vorlesen und interpretieren mussten, die wir mit unseren jungen 14, 15 Jahren nicht verstanden haben und sie trotzdem in Einzelteile zerlegten, als wären sie ein menschlicher Körper, den wir von Haut, Haaren, Muskeln und Organen befreien mussten, um zum Essentiellen zu gelangen, dem Herzen. Nur leider haben wir die Reise dahin nicht genossen, sondern haben uns an kleinen Dingen aufgehängt. Welches Seziermesser wird für welches Körperteil angewendet? Welche Reimfolge und welches Metrum sind hier zu finden? Als wären Gedichte eine Sezieranleitung aus einem Medizinbuch. Am Ende haben wir das Herz zwar erreicht, aber es war bereits kalt. Jegliches Leben war aus ihm gewichen, weil wir besessen davon waren endlich zum Ziel zu gelangen, dass wir die Reise dahin nicht genossen haben. Hat uns das Gedicht überhaupt berührt? Konnten wir damit überhaupt etwas anfangen? Hat es uns eine Lektion mit auf den Weg gegeben? Oder haben wir nur mechanisch Reimfolgen, wie mathematische Formeln auswendig gelernt in der Hoffnung die nächste Klausur halbwegs zu schaffen.
Ich hatte nicht immer einen guten Zugang zu Gedichten. Um ehrlich zu sein, konnte ich mich nie wirklich mit Poesie identifizieren. In der Schule war ich schlecht in Gedichtinterpretationen. Ich glaube, das lag vielmehr daran, dass unser Lehrer so besessen vom Ziel als von der tatsächlichen Reise dahin war. Wir haben Gedichte mechanisch auseinander genommen. So habe ich gelernt mich auf Reimfolgen und Metren zu versteifen, habe gelernt zehn Seiten über ein Gedicht von Goethe auf Papier zu bringen, statt es zu genießen und herauszufinden, was es wirklich bedeutet. Was es für mich bedeutet.
Poesie ist sehr subjektiv. Kaum jemand weiß, was ein gutes Gedicht ausmacht. Natürlich wird uns in der Schule eine Anleitung zur Gedichtanalyse beigebracht, aber sind diese Punkte wirklich notwendig, damit ein Gedicht auch ein Gedicht ist? Muss man für Kunst eine Liste an Punkten abarbeiten, damit Kunst auch Kunst ist? Sollten Formen der Kreativität nicht Etwas vollkommen Persönliches und Intimes sein und nicht Etwas, das von pubertierenden 14-Jährigen bis in die kleinste Ader seziert, aber nicht verstanden wird?
Poesie ist so viel mehr als Wörter aneinanderzureihen. Es ist ein Gefühl, es ist eine Denkform, die alles Abstrakte und Konkrete in sich vereint, es schafft Universen, die wir sonst nicht erreichen würden. Poesie zeigt, dass Vorstellungskraft existiert und einen großen Unterschied im Leben machen kann.
Irgendwann machte es bei mir Klick und ich fand einen Zugang zu Gedichten, konnte mich mit Phrasen, Strophen und sogar Reimfolgen identifizieren. Sie berühren mich in einer Weise, wie es Prosa nicht schafft.
Genau aus diesem Grund möchte ich euch heute meine derzeitigen Favoriten vorstellen!
Einige der Bänder, die ich ausgewählt habe, sind sogenannte Instagram-Hypes. Rupi Kaur, Atticus und J. Iron Word haben das geschafft, wovon Goethe und Schakespeare zu Lebzeiten nur träumen konnten. Sie nutzen ihre Reichweite auf Instagram und Co. um ihre Nutzer mit schönen Phrasen und Gedichten zu inspirieren und bauen sich dadurch eine loyale Fangemeinde auf.
Leider werden diese Dichter auch sehr kritisiert. Sie würden keine „echten“ Gedichte schreiben. Doch was sind echte Gedichte überhaupt? Glaubt ihr Goethe und Schiller wurden damals für ihren Stil nicht kritisiert? Sprache ändert sich, so auch Prosa und Poesie! Die Gedichte des 21. Jahrhunderts hängen sich nicht an Jambus, Trochäus, Daktylus, and Paar- und Kreuzreimen auf. Natürlich sind all diese rhetorischen Mittel etwas Wunderschönes und unterstreichen die Bedeutung eines Gedichtes, aber sie können auch sehr vom Inhalt und der Message ablenken. Denn am Ende zählt die Reise und nicht das Ziel.
Meine Lieblingsgedichtbänder
1. Rupi Kaur
Milk & Honey
The Sun & Her Flowers
2. K.Y. Robinson
The Chaos of Longing
3. .Julia Engelmann
Wir können alles sein, Baby
Jetzt, Baby
Für meine Eltern
[… ]
Und irgendwann geh ich raus.
Aber hier draußen ist es so still, so ohne euch.
Ihr seid nicht da wenn ich aufstehe, seid nicht da wenn ich schlafen gehe.
Also schon, aber woanders und das ist nicht leicht.
Aber ich kann das.
Und trotzdem fehlt ihr.
Auch wenn ihr mich nicht gefragt habt, gibt es da noch etwas, dass ich euch noch nicht gesagt hab.
Ihr seid mein Ursprung, meine Insel, mein Vertrauen und mein Schatz.
Mein Mund formt euer Lachen, mein Herz schlägt euern Takt.
Ihr, ihr seid mein Beweis, dass Liebe mehr als Geld zählt.
Seid der Rahmen für mein Weltbild.
Alles was für mich als Held gilt.
Ihr gebt mir Hals ohne mich festzuhalten, schafft es, wenn ich nicht kann, mich auszuhalten.
Würdet nichts tun mich je aufzuhalten, eher bringt ihr mich dorthin.
Ich brauch‘ nichts zeigen und ihr seht mich, brauch‘ nichts sagen und ihr versteht mich, brauch‘ nichts haben und ihr nehmt mich, nehmt mich einfach wie ich bin.
Und wenn ich Angst hab, seid ihr traurig.
Wenn ich weine, weint ihr auch.
Dann sagt ihr: „Sei nicht traurig.“ Und dass ihr immer an mich glaubt und mir kann nichts passieren, weil ich weiß, ihr seid noch hier.
Ich gehör‘ zu euch und ihr gehört zu mir.
Ihr seid mein Ursprung, mein Vertrauen, meine Insel und mein Schatz.
Mein Mund formt euer Lachen, mein Herz schlägt
[… ]
4. Atticus
Love her Wild
Poetry
to me
is stumbling in the dark
searching for
the right words
to describe
the feeling
I get
when she smiles
while she sleeps.
5.J. Iron Word
Abstract Heart
6. Poems that make grown women cry
Anthony und Ben Holden brachten einige Jahre zuvor das Band „Poems that make grown men cry“ heraus, in welchem 100 bekannte Männer das Gedicht vorstellen sollten, dass sie zutiefst berührt hat. Nun entschlossen sich die beiden eine weibliche Version des Buches zu lancieren. Frauen wie Yoko Ono, Kate Moss und Joss Stone erzählen, welches Gedicht sie zu Tränen gerührt hat. Darunter finden sich Gedichte vom 8. Jahrhundert bis heute von Sylvia Plath über Emily Dickinson, Shakespeare und John Lennon.
Grow old with me
John Lennon für Yoko Ono
Grow old along with me
The best is yet to be
When our time has come
We will be as one
God bless our love
God bless our love
Grow old along with me
Two branches of one tree
Face the setting sun
When the day is done
God bless our love
God bless our love
Spending our lives together
Man and wife together
World without end
World without end
Grow old along with me
Whatever fate decrees
We will see it through
For our love is true
God bless our love
God bless our love
5 Comments
Schöner Beitrag. Ich mag Rilke sehr gerne und Hesse. Seine Lebensstufen begleiten mich irgendwie ständig. Da fällt mir dann wie aus dem Nichts eine Zeile davon ein und ich muss das Gedicht nachlesen. Und das Herbstgedicht von Rilke ist das Must im Herbst.
Schöner Beitrag und schöne Idee.
Liebe Grüße
Lisa
liebe Lisa, dankeschön für deine lieben tipps! das Herbstgedicht finde ich auch wunderschön 🙂
ich wollte bei diesem Beitrag vor allem auf moderne dichter des „instagram-zeitalters“ eingehen, um zu zeigen, dass Poesie nicht immer langweilig sein muss 😛
Danke für die Buchempfehlungen! Ich liiieebe Julia Engelmann und Rupi Kaur! ????
Gleich alle auf die Wunschliste gepackt, danke! 😉
LG
In der Schulzeit hat man sich wirklich so viel damit beschäftigt und es dann irgendwie aus den Augen verloren. Aber auch ich habe irgendwann den Weg wieder zu den Gedichten gefunden und finde es einfach unglaublich schön sie zu lesen. Deshalb kann ich so eine Inspiration wirklich gut gebrauchen. 🙂
Liebe Grüße
Kathleen
http://www.kathleensdream.de