Ich habe die Pille abgesetzt und das ist passiert….
Ich habe die Pille abgesetzt und das ist passiert….
.
…nichts.
So ganz stimmt das natürlich nicht. Als ich das erste Mal die Pille, nach 4 Jahren einnehmen, abgesetzt hatte, war das ohne viel Überlegung. Ich kam zu dem Entschluss nicht, weil ich mich mit der Pille nicht Frau meiner Selbst gefühlt hatte, sondern viel eher, weil in meinem Umfeld alle die Pille verteufelten und absetzten. In den vier Jahren habe ich zwar gespürt wie die Libido nachließ, wie ich immer häufiger emotionale Tage hatte, aber im Großen und Ganzen ging es mir gut damit. Der Hauptgrund sie abzusetzen war einzig und allein: Gruppenzwang.
Mein Gesicht war ein Streuselkuchen und mein Uterus ein Emmentaler
Ich bereue es keinesfalls, dass ich sie absetzte. Hätte ich das nicht getan, wäre mein Körper nicht drei Jahre lang danach Achterbahn gefahren, hätte mein Gesicht in einen Streuselkuchen und meinen Uterus in einen Emmentaler Käse verwandelt. Ich wäre nicht mehrmals in der Notaufnahme gelandet mit Verdacht auf Blinddarmentzündung und Thrombose und wäre am Ende nicht meinem Retter in die Hände gelaufen, der nach langen Fehldiagnosen endlich herausfand, was mich all die Jahre plagte: Hätte ich die Pille nicht abgesetzt, hätte ich vermutlich nicht so schnell herausgefunden, dass ich Endometriose habe.
Woran das lag?
Hormonelle Verhütungsmittel vor allem die Pille unterdrücken den Einsprung, was eine richtige Menstruation ebenso unterdrückt. Die Blutung während der Pille dient eigentlich nur dazu, die katholische Kirche auszutricksen und hat sonst keinen weiteren Nutzen.
Endometriose benötigt Östrogen, um zu wachsen. Durch das Ausbleiben einer wahren Menstruation bzw. durch den Östrogenentzug im Körper, verhindert man also, dass sich neue Endometrioseherde bilden, bluten und verkrusten. Dadurch, dass ich mit 19 die Pille nahm, weil meine Periode so unregelmäßig bis gar nicht kam – ergo kaum Östrogenbildung – und ich sie dann mit 23 absetzte – ergo jetzt aber so richtig mit voller Wucht Östrogen – geriet mein Körper völlig aus der Bahn. Wenn die Pille nicht nur zur Verhinderung einer Schwangerschaft verschrieben wird, sondern auch gegen Akne, Krämpfe und unregelmäßige Perioden, ist sie nur ein Trostpflaster für größeres ein hormonelles Problem, dessen Ursache man aufspüren sollte.
Nach meiner Endometriose-Operation stand ich vor der Wahl: Wieder die Pille nehmen oder nicht? Ich war so müde und körperlich kaputt, dass ich eine Pause haben wollte, wieder Frau meiner Selbst werden und die Pille erschien mir ein willkommenes Geschenk.
Mein Gehirn war wie in Watte gepackt, ich wollte nicht mehr aus dem Bett…
Ich nahm sie genau ein Jahr lang durch ohne Unterbrechung und ohne Blutung. Mir ging es gut, Schmerzen hatte ich kaum bzw. nicht mehr so starke, aber mein Gehirn fühlte sich an wie in Watte gepackt, ich hatte extreme depressive Phasen und verkroch mich nur noch in meinem Bett. Es wurde Zeit der Pille erneut und vermutlich auch für immer den Rücken zuzukehren, aber nicht ohne vorher monatelang herumzuheulen, weil ich Angst vor dem Streuselkuchen-Gesicht und dem Emmentaler-Uterus hatte.
Die Pille hat meine Lebensqualität nur positiv verändert
Nach Absprache mit meinem Frauenarzt, setze ich die Pille also ein Jahr nach dem erneuten Start, wieder ab. Das war vor exakt zehn Monaten und seitdem ist nichts passiert.
Mein Gesicht ist kein Streuselkuchen und mein Uterus kein Emmentaler. Ich habe keine Krämpfe mehr, dafür spüre ich meinen Eisprung so stark, dass ich meine Ferse nicht aufsetzen und gerade gehen kann. Eine Woche vor der Periode habe ich schlimmes PMS und bin das widerlichste Biest zu meinem Freund, dafür kommt sie auf den Tag genau und ist fast so pünktlich wie eine Schweizer Uhr. Man kann nicht alles haben, aber die Pille hat meine Lebensqualität nur positiv verändert und ich bereue es überhaupt nicht sie noch einmal genommen zu haben.
In der heutigen Zeit wird die Pille nicht ohne Grund verteufelt. Das liegt aber nicht daran, dass die Pille ein Dämon ist, sondern, einzig und allein an der Tatsache, dass wir sie in der Pubertät ohne Aufklärung in die Hand gedrückt und damit – ungefragt – die komplette Verantwortung zur Verhütung in der Beziehung auferlegt bekommen.